KARLCHEN und der Kapuzen-Klub

Kommentar:

Verstecken ist wahrscheinlich das beliebteste Kinderspiel. Warum? Einfach weil hier alles in Bewegung ist, weil das Verstecken unmittelbar ein Suchen auslöst und dann hoffentlich auch ein Finden nach sich zieht. Und umso witziger und aufregender ist es, wenn das Versteck nicht gleich auf den ersten Blick ausfindig zu machen ist, sondern man erst alles erkunden muss, vom Naheliegenden über das Entferntere bis hin zum eigentlich nicht Erwarteten. Auf dieser wirklich bewegten Suche entdecken wir dann sogar alles Mögliche neu, was uns eigentlich bekannt ist, identifizieren es endlich mal als das, was es eigentlich ist und wo es ordentlicher Weise hingehört – oder eben nicht. Aufmerksamkeit für das viele Einzelne und Entdecken der Ordnung, die alles Einzelne zusammenhält – das sind die wichtigen Erfolge im eben nicht nur unterhaltsamen, sondern dabei durch und durch lehrreichen Kinderspiel des Versteckens. Nur Kinderspiel? Erwachsenen geht es ja auch noch so, dass sie nicht selten den Sinn fürs Einzelne wie vor allem die Ordnung des Ganzen verlieren, zum Beispiel wenn sie wieder mal etwas verlegt haben …

Was hilft da? Alle dürfen und müssen mitmachen! Das macht die Suche erst richtig spannend, auch damit schließlich jemand alle Anderen triumphierend benachrichtigen kann „Ich hab’s gefunden!“ – Wunderbar, dass uns dabei Karlchen und sein Kapuzen-Klub unterstützen können, beziehungsweise Rotraut Susanne Berner. Denn sie lässt nicht nur Karlchen nach dem Küken suchen, sondern alle seine Freunde helfen mit, und auch die muss man erstmal identifizieren, vor allem bei Friedrich und Wilhelm ist das gar nicht so leicht. Und dann sind da noch alle möglichen anderen Helfer und Nichthelfer, nicht nur andere Kinder, auch verschiedenste Tiere, sogar Spielzeug und, wenn man es genau nimmt, die vielen Gegenstände, in oder bei denen sich das Küken versteckt haben könnte, und natürlich auch die Räume, in denen gesucht wird: vom Zimmer geht’s nämlich in den Garten, auf die Straße vorm Haus, durchs Städtchen, in den Park, von da in den nahen Wald, um schließlich die Oma um Rat zu fragen. Und dann kommt die Überraschung …

Und was haben Karlchen und sein Kapuzen-Klub bei ihrer Suche nicht alles sonst noch entdeckt. Und, oh Wunder, wir alle waren, fast ohne es zu merken, nicht nur mit dabei, sondern haben mitgesucht und mitentdeckt, und alle kleinen Kinder haben zu angefangen, ja was denn, genau: zu lesen! Denn genau das ist der Hintersinn dieses großartigen Karlchen-Such- und Wimmelbuchs: Indem wir nicht nur der Geschichte lauschen, sondern selbst auf den wimmligen Bildern auf alles Mögliche zeigen, es auch auflesen, zumindest in unserer ganz lebendigen Mitmach-Vorstellung, haben wir tatsächlich begonnen, die Welt um uns herum, auch unsere Mitmensch und uns selber zu bezeichnen und in eine lesbare Ordnung zu bringen. Ja, Lesen schafft Ordnung und stärkt zugleich den Sinn fürs Einzelne und Besondere.

Und mit Karlchens Suchbuch geht auch den Erwachsenen auf, wie wichtig und förderlich die ganzen alltäglichen wie auch die feiertäglichen Versteck- und Suchspiele sind, also nicht nur die lärmenden manchmal nervigen, aber eben immer lehrreichen kindlichen Versteckspiele, sondern auch die Geschenksuche unterm Weihnachtsbaum (wie langweilig ist es demgegenüber, wenn Kinder alles gleich ausgehändigt bekommen und das gar schon vorab wissen), das Verkleidungsspiel im Fasching oder zu Geburtstagen, das Ostereiersuchen und so weiter, und dann im Kindergarten und später in der Schule das Suchen nach immer neuen Erkenntnissen und dann natürlich auch das Buchstaben- und Wörter- und Sinn-Suchen, wenn weitere Bücher aufgeschlagen werden, um darin sich ganz neue Welten zu entdecken …

Tja, gute Bilderbücher – und das neue Karlchen-Buch von Susanne Berner ist nicht nur irgendein gutes, sondern ein besonders wertvolles, zeigen nie nur irgendetwas, sondern binden schon die Kleinsten ein in die aufregende Entdeckungsreise, in Büchern sich ganze Welten zu erlesen.

Hier für Leanders Lieblinge vorgestellt und empfohlen von Gabriele Hoffmann und Hans-Bernhard Petermann, LeseLeben e.V.